AERZTE Steiermark 10/2024
 

Recht auf kostenlose Kopie für Patient:innen

Die erstmalige Ausfertigung von Kopien aus Patient:innenakten im extra- und intramuralen Bereich gegen Kostenersatz, wird in Zukunft nicht mehr möglich sein, da Unionsrecht (DSGVO) dem nationalen Recht vorgeht.

Von Mag. MarkusFriessnegg

 

Sachverhalt

Ein Patient begehrte von seiner Zahnärztin eine Kopie seiner Krankengeschichte, um gegen diese Haftungsansprüche wegen einer fehlerhaften zahnärztlichen Behandlung geltend zu machen.

Urteil des EuGH

Der EuGH stellte in seinem Urteil vom 26.10.2023, C-307/22, fest, dass in der DSGVO das Recht der Patient:innen verankert ist, eine erste kostenlose Kopie der Patientenakten zu erhalten, sogar ohne Begründung des Antrags. Ein Entgelt kann erst verlangt werden, wenn die Patient:innen abermals Daten/Kopien anfordern, aber bereits zuvor eine erste kostenlose Kopie erhalten haben. Weiters stellte der EuGH fest, dass Patient:innen ein Recht auf originalgetreue und verständliche Reproduktion ihrer Daten haben, um die Überprüfbarkeit der Richtigkeit, Vollständigkeit sowie Verständlichkeit der Daten zu gewährleisten. Das schließt somit alle Daten der Patientenakte ein, die Informationen, etwa Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden Ärzt:innen oder Angaben zur Behandlung oder zu Eingriffen, enthalten.

Der EuGH stellte zudem klar, dass der Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Ärzt:innen keine Rechtfertigung für den nationalen Gesetzgeber darstellt, nationale Regelungen für Kostenersatzpflichten einer Erstkopie der Krankengeschichte zu erlassen. Nur im Falle eines offenkundig unbegründeten oder exzessiven Antrages dürfen die Ärzt:innen ein angemessenes Entgelt von den Patient:innen verlangen.

Conclusio

Wesentlich ist, dass die DSGVO als Unionsrecht nationalem Recht vorgeht. § 19 (2) Z 6 Stmk. Krankenanstaltengesetz und § 51 (1) Ärztegesetz, welche derzeit noch eine Ausfertigung von Kopien gegen Kostenersatz vorsehen, sind damit nicht mehr anwendbar und werden vom Gesetzgeber zu novellieren sein. Obgleich sich das Urteil auf den extramuralen Bereich bezieht, hat es auch für den intramuralen Bereich Relevanz. In der Praxis empfiehlt es sich daher künftig, die begründeten nicht exzessiven Auskunftsbegehren der Patient:innen zeitnah, jedenfalls aber innerhalb eines Monats ab Eingang des Antrags, kostenlos zu erfüllen, wobei eine Abholmöglichkeit in der Ordination ausreichend ist, eine postalische Zusendung auf eigene Kosten möglich ist und eine sichere elektronische Übermittlung mit Zustimmung der Patient:innen erlaubt ist.

Patient:innen haben, sofern Kopien nicht kostenlos zur Verfügung gestellt werden, ein Beschwerderecht bei der Datenschutzbehörde. Werden nach Bereitstellung einer Erstkopie weitere Anfragen gestellt, können die Ärzt:innen ein angemessenes Entgelt unter Berücksichtigung der Verwaltungskosten verlangen.

 

Mag. Markus Friessnegg

Abteilung Rechts-, Beschwerde- und Disziplinarsachen in der Ärztekammer für Steiermark