AERZTE Steiermark 06/2024
Ärztinnen und Ärzte
Die Medizin ist im Wortsinn weiblich. Im übertragenen Sinn haben Männer – noch – die Mehrheit. Bei Jüngeren sind Ärztinnen aber bereits in der Überzahl.
50,56 Prozent der 1.269.801 Steirer:innen sind Frauen. Dieser leichte Frauenüberhang hat sich in den letzten fünf Jahren kaum verändert.
An der Grazer Medizinischen Universität waren im letzten Studienjahr 2022/2023 58,5 Prozent der 453 Absolvent:innen weiblich. Damit liegt der MUG-Absolvent: innenteil über dem Gesamtschnitt aller öffentlichen Universitäten in Österreich. Der Anteil der Ärztinnen steigt jedenfalls. Je jünger, eine Ärzt:innengruppe ist, umso höher ist der Frauenanteil. Diese Entwicklung ist schon über mehrere Jahre so. Das belegen Zahlen aus dem Jahr 2017. Unter den Ärztinnen und Ärzten in Ausbildung lag der Frauenanteil schon vor sieben Jahren bei mehr als 60 Prozent. Bei den §-2-Kassenärzt:innen betrug er damals aber nur knapp 29 Prozent.
Was hat sich seither geändert? Nun, den bei weitem größten Frauenanteil gibt es unter den im Spital tätigen Allgemeinmediziner:innen – nämlich gut 70 Prozent. Bei den „Turnusärzt:innen“ (Ärztinnen und Ärzten in Ausbildung) stellen die Ärztinnen zwar auch die Mehrheit. Die beträgt aber „nur“ etwa 56 Prozent. Das ist höher als der Frauenanteil in der Gesamtbevölkerung und entspricht in etwa dem Frauenanteil an den Universitäten. Das Statistische Taschenbuch Hochschulen und Forschung 2022 (jüngste verfügbare Ausgabe) weist ihn mit 57,6 Prozent aus.
Auch deutlich über der 50-Prozent-Marke liegt der Frauenanteil bei den niedergelassenen Allgemeinmediziner:innen – es sind 56,04 Prozent.
Bei den anderen Ärzt:innengruppen sind die Frauen (weiter) in der Minderheit. Sie stellen knapp 45 Prozent der hauptberuflichen Wahlärzt:innen, etwas über 43 Prozent der Fachärzt:innen in den Spitälern, knapp 42 Prozent der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte mit ÖGK-Vertrag und ein starkes Drittel der niedergelassenen Fachärzt:innen.
Betrachtet man die Berufungen, liegt die Medizinische Universität Graz mit 42,9 Prozent im Mittelfeld gleichauf mit der Innsbrucker Meduni. Die Meduni Wien kommt auf 60 Prozent, ein Spitzenwert unter allen Universitäten.
Frauenanteil bei „Leitenden“ gering
Unter den „leitenden“ Spitalsärzt:innen sind laut Ärztekammer-Auswertung aktuell nur 14,39 Prozent Frauen. Die Medizinische Universität Graz weist in ihrer „Wissensbilanz 2023“ folgende Zahlen aus: Frauenanteil im Rektorat 60 Prozent, im Universitätsrat 42, Prozent, im Senat 50 Prozent, in der Habilitationskommission 49,9 Prozent, in der Berufungskommission 50 Prozent, in den Curricularkommissionen 54,8 Prozent. In der „Wissensbilanz“ wird interpretierend festgestellt: „dass … 65 von 67 Organen die vorgeschriebene Frauenquote im Berichtszeitraum erfüllten. Selbstverständlich ist die überproportionale Gremienarbeit von Frauen insbesondere in der „Professor*innenkurie“ weiterhin ein Thema, solange der Frauenanteil in dieser Kurie weiterhin nicht ausgeglichen und asymmetrisch erscheint.“
Die Steiermärkiche Krankenanstaltengesellschaft KAGes spricht von 400 Ärzt:innen in „Führungspositionen“ von denen 29,5 Prozent Frauen seien. Da in der KAGes nach deren Angaben aber nur 2.100 Ärztinnen und Ärzte insgesamt tätig sind, ist der Begriff „Führungsposition“ offenbar recht weit gefasst.
„Frauen“-Fächer, „Männer“-Fächer
Sonderfächer mit weniger als 10 Personen haben wir ausgeblendet, um Verzerrungen hintanzuhalten. Bei neun Fächern sind Frauen in der Mehrheit. Allen voran liegt die Arbeitsmedizin mit 70 Prozent. Knapp dahinter folgt die Kinder- und Jugendpsychiatrie bzw. die Kinder- u. Jugendpsychiatrie u. Psychotherapeutische Medizin mit zusammen fast 68 Prozent.
Über der 50-Prozent-Linie folgen die Psychiatrie u. Psychotherapeutische Medizin (61,06), Frauenheilkunde und Geburtshilfe (59,39), Neurologie (58,14), Allgemeinmedizin (58,11), Strahlentherapie/Radioonkologie (57,14), Innere Medizin und Pneumologie (56,76), Transfusionsmedizin (53,33), Haut- und Geschlechtskrankheiten (53,27), die „alte“ Psychiatrie (52) und Kinder- und Jugendheilkunde (51,21).
Bei den weiteren Fächern sind die Männer in der Mehrheit, am stärksten in der Orthopädie und Traumatologie. Hier liegt der Ärztinnen-Anteil unter 13 Prozent.
Daten aus der Schweiz zeigen zumindest teilweise ein ähnliches Bild: In der Arbeitsmedizin kommen Frauen dort laut FMH-Ärztestatistik 2023 zwar nur auf 38,2 Prozent. In der Kinder- und Jugendheilkunde bzw. -psychiatrie liegt der Ärztinnenanteil jeweils bei mehr als zwei Dritteln. In der Allgemeinen Psychiatrie und Psychotherapie sind es nur etwas über 46 Prozent. Insgesamt beträgt der Ärztinnenanteil 2023 46,6 Prozent, in der Steiermark sind es (bezogen auf die Fächer, nicht die Köpfe) gut 48 Prozent.
In der Ärztekammer Steiermark gibt es vier Bezirksärztevertreterinnen und neun -vertreter. Bei den Stellvertreter:innen sind die Ärztinnen in der Mehrheit. Unter den 34 Fachgruppenobleuten sind 6 Frauen, was einem Anteil von 17,65 Prozent entspricht. Bei den stellvertretenden Fachgruppenobleuten sind es rund 27,3 Prozent. In der Spitalsärztevertretung liegt der Ärztinnenanteil bei knapp 33 Prozent. Ähnlich ist bei den Stellvertreter:innen. Bei den Referaten (die (Co-)Referent:innen werden bestellt und nicht gewählt) ist das Verhältnis zwischen Frauen und Männern einigermaßen ausgewogen. Im Referat „Arztberuf, Familie und Gender Mainstreaming“ sind die Ärztinnen klar in der Mehrheit. In der Vollversammlung (damit den beiden Kurienversammlungen, die ja gemeinsam die Vollversammlung bilden) stellen Frauen rund ein Viertel der Delegierten. Ähnlich sind die Zahlen des Verwaltungsausschusses.
Was Frauen verdienen
Zahlen zum Thema „Gender Pay Gap“.
Laut OECD-Statistik (Education at a Glance 2023) liegt Österreich im internationalen Vergleich nahe dem OECD- und dem EU-Schnitt. Demnach verdienen Frauen rund drei Viertel des Männereinkommens. Der Unterschied ist bildungsabhängig. Es gilt: Je höher die Bildung, desto geringer die Differenz.
Generell steigt der Unterschied mit dem Alter: In Österreich – so die Daten – kommen Frauen von 25 bis 34 Jahren mit Uni-Abschluss auf 80 Prozent des Männereinkommens. Erweitert man die Altersbetrachtung auf 25 bis 64 Jahre, sind es nur mehr 76 Prozent.
Weltweit in einem einzigen Land, Costa Rica, verdienen Frauen von 25 bis 64 Jahren mit tertiärem Bildungsabschluss sogar (geringfügig) besser als Männer.
An der Medizinischen Universität Graz verdienen Wissenschafterinnen (Professorinnen, Dozentinnen und Assistentinnen) laut Wissensbilanz 2023 zwischen 89,23 und 99,25 Prozent dessen, was männliche Wissenschafter verdienen. Zusammenfassend wird festgestellt: „Der Gender Pay Gap (GPG) ist in allen Kategorien weiterhin sehr gut und bleibt im Wesentlichen stabil.“ Insgesamt sei „eine sehr erfreuliche und vor allem nachhaltig positive Entwicklung zu beobachten“.
Illu: Adobe Firefly, Foto: Adobe Stock