AERZTE Steiermark 11/2023
 

Ärzte als Arbeitgeber: Tipps, Do’s and Dont’s

Welche Fragen darf man bei einem Vorstellungsgespräch als Arbeitgeber eigentlich stellen? Wie muss ein Arbeitsplatz ausgestaltet sein und wie weit reicht die Treuepflicht des Arbeitnehmers? Und falls es nicht passt, was ist der Unterschied zwischen einer Kündigung und Entlassung und wie kann man ein Arbeitsverhältnis wieder lösen?

RA Mag. Pascal Dreier, RA Mag. Andreas Ulm, KAD-Stv. Dr. Stefan Kaltenbeck

 

Ärzte als Arbeitgeber haben hierbei so einiges zu beachten.

Begründung eines Arbeitsverhältnisses

Bereits vor dem Eintritt des Arbeitnehmers in das Arbeitsverhältnis bestehen für den Arzt als Arbeitgeber gewisse Rechte und Pflichten. Dem künftigen Arbeitgeber kommt im Rahmen der Stellenbewerbung oder bei Erprobungsarbeiten ein Fragerecht zu. Dieses unterliegt allerdings einigen Einschränkungen: Eine Verpflichtung zur Beantwortung von Fragen nach allfälligen Vorstrafen besteht bspw. nicht. Diese sind nur dann zulässig und wahrheitsgemäß zu beantworten, wenn es sich um ungetilgte Verurteilungen handelt, die eine Person für die angestrebte Tätigkeit objektiv ungeeignet erscheinen lassen. Fragen hinsichtlich des Gesundheitszustands müssen grundsätzlich auch nicht beantwortet werden, sofern die Erkrankung nicht die dauernde Arbeitsunfähigkeit bewirkt. Teile der Literatur knüpfen die Zulässigkeit der Frage daran, ob eine Gefahr für Leben und Gesundheit anderer im Betrieb beschäftigter Personen besteht oder ob die betrieblichen Interessen des künftigen Arbeitgebers berührt werden können (dies betrifft bereits den Umstand, ob eine Person Raucher ist, aber insb. auch den Impfstatus). Dieses Fragerecht korreliert auch mit der Pflicht zur Offenbarung von Umständen, welche für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses relevant sind. Dies trifft im ärztlichen Betrieb wohl auch auf (im Patientenverkehr) ansteckende Krankheiten zu, wobei dies einer Interessenabwägung im Einzelfall unterliegen wird. Wahrheitswidrig verneinte Fragen zu einer Schwangerschaft können hingegen keine Anfechtbarkeit des Dienstverhältnisses und keine Entlassung rechtfertigen.

Das Arbeitsverhältnis kommt mit Abschluss eines Arbeitsvertrages zustande, welcher durch Angebot und Annahme erfolgt. Eine ausdrückliche oder schriftliche Vereinbarung ist dabei nicht gefordert. Vielmehr könnte ein solcher Vertrag auch schlüssig (konkludent durch stillschweigende Leistung) zustande kommen. Wenn man den Arbeitsvertrag schriftlich abschließen möchte, sollte man einen Arbeitnehmer die ersten Tage nicht „einfach  losarbeiten“ lassen. Zu beachten ist weiters, dass auch „Einarbeitungsarbeiten“ oder „Erprobungsarbeiten“ als entgeltpflichtige Arbeiten qualifiziert werden können und diese sodann zu bezahlen wären.

 

Rechte und Pflichten bei aufrechten Arbeitsverhältnissen

Unverzüglich bei Abschluss des Arbeitsvertrages (bei Angestellten) ist den Arbeitnehmern ein Dienstzettel auszuhändigen. Damit ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer über die für sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen (z.B. vorgesehene Verwendung, Arbeitsort, Einstufung etc.) zu informieren. Der Arbeitgeber hat im Rahmen seiner Fürsorgepflicht die dienstlichen Tätigkeiten, Gerätschaften und Arbeitsräume so zu gestalten, dass Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer geschützt werden. Dies bspw. dadurch, indem ausreichende Kenntnis über verwendete Materialien besteht oder ein Arbeitsplatz (dies betrifft bereits den Parkplatz) verkehrssicher gestaltet wird. Vom Schutzbereich der Fürsorgepflicht sind ebenso immaterielle und materielle Interessen der Arbeitnehmer umfasst. So ist u.a. Gleichbehandlung geboten und dürfen einzelne Arbeitnehmer nicht willkürlich schlechter behandelt werden, ohne dass es hiefür eine einleuchtende sachliche Rechtfertigung gibt. Schutzkleidung, welche aufgrund von Unfallvermeidungsvorschriften bereitzustellen ist, ist (möglichst kostensparend) vom Arbeitgeber zu bezahlen. Im Rahmen der Fürsorgepflicht kann es auch geboten sein, erforderliche Maßnahmen zum Zwecke des Infektionsschutzes zu treffen. Daran muss der Arbeitnehmer insb. in einem für ihn zumutbaren Ausmaß mitwirken, sofern staatliche Vorgaben bestehen. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, im Rahmen seiner Fürsorgepflicht seine eigenen schützenswerten Interessen zu vernachlässigen. Bei einer Interessenskollision sind diese jedoch gegeneinander abzuwägen.

Dem Arbeitnehmer kommt eine „Arbeitspflicht“ zu, dessen Umfang sich aus dem Arbeitsvertrag, aber auch aus dem Kollektivvertrag und einer langjährigen Übung ergeben kann. Im arbeitsvertraglichen Rahmen wird die Arbeitspflicht durch das Weisungsrecht des Arbeitgebers konkretisiert. Eine Mindestarbeitsleistung kann vertraglich nicht vereinbart werden, da damit das unternehmerische Risiko unzulässigerweise auf den Arbeitnehmer überwälzt werden würde. Darüber hinaus trifft den Arbeitnehmer auch eine Fremdinteressenwahrungspflicht („Treuepflicht“) gegenüber dem Arbeitgeber. Somit ist der Arbeitnehmer dazu angehalten, auf betriebliche Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Dabei kommen dem Arbeitnehmer Unterlassungspflichten (z.B. bezüglich einer Weitergabe von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, „Verschwiegenheitspflicht“, ein Konkurrenzverbot oder das Verbot der pflichtwidrigen Annahme von Geschenken) oder Verpflichtungen zu einem Tun (z.B. den Arbeitgeber vor drohenden Schäden zu bewahren und diese dem Arbeitgeber anzuzeigen, „Anzeigepflicht“) zu.

Ein Entfall der Arbeitspflicht findet bspw. während einer Karenzierung statt. In dieser Zeit sind folglich weder ein vorzeitiger Austritt aufgrund nicht erfolgter Entgeltzahlung, noch eine Entlassung aufgrund fehlender Arbeitsleistung möglich. Auch die Pflege der erkrankten Ehegattin oder des Ehegattens stellt einen rechtmäßigen Hinderungsgrund dar. Während des aufrechten Dienstverhältnisses bestehen für die Arbeitnehmer in engen Grenzen sogar „Aufklärungspflichten“ über ihren Gesundheitszustand, sofern eine Arbeitsunfähigkeit oder gesundheitliche Gefährdung durch Zuweisung einer anderen Tätigkeit im Rahmen der arbeitsvertraglichen Pflichten beseitigt werden kann. Dies betrifft jedoch die Gefährdung im Zusammenhang mit konkret umrissenen, einzelnen Tätigkeiten (z.B. Heben schwerer Lasten) oder mit ungünstigen Bedingungen (bspw. Kälte, Lärm, Staub, Rauch etc.). Dem Arbeitgeber kommt hingegen hiebei bereits eine grundsätzliche Verpflichtung zur angemessenen Rücksichtnahme auf die Belange des Arbeitnehmers zu. Eine solche Rücksichtnahme auf eine Krankheit kann in Form einer Zuweisung von Arbeiten erfolgen, die dem Arbeitnehmer aufgrund des verringerten Gesundheitszustands noch zumutbar sind.

Die Treuepflicht der Arbeitnehmer gilt grundsätzlich nur für die vereinbarten Dienste und nur für die Dauer des Arbeitsverhältnisses (ausgenommen können z.B. Konkurrenzklauseln sein). Eine Verpflichtung zur Erbringung von Leistungen, die von den arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeiten abweichen, ist lediglich in äußerst engen Grenzen gegeben. Einem Angestellten sind demnach bspw. nur bei Notsituationen oder Katastrophenfällen „Hilfsarbeiterdienste“ zuzumuten. Bei Vorliegen zwingender betrieblicher Gründe oder gar Not- und Zwangslagen können der Ort, der Umfang oder die Art der Arbeitsleistung geändert werden. Der Arbeitnehmer war jedoch bspw. im Rahmen der Corona-Kurzarbeit nicht verpflichtet, einer Arbeitszeit- und Einkommensreduktion zuzustimmen. Außerdienstliches Verhalten im Rahmen des Privatlebens berührt die Treuepflicht hingegen nur in eng umgrenztem Ausmaß: Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, den unternehmerischen Tätigkeitsbereich und den Schutz betrieblicher Interessen zu respektieren. Auch darf das private Verhalten des Arbeitnehmers nicht erkennbaren Betriebsinteressen widersprechen. Der OGH sah privates Handeln eines Angestellten in leitender Stellung („Vertrauensstellung“) als Verletzung der Treuepflicht an, wenn durch das private Handeln auch die dienstlichen Belange erheblich berührt werden. Ein außerdienstliches Weisungsrecht ergibt sich hieraus jedoch ausdrücklich nicht.

Die Vereinbarung einer Konkurrenzklausel, durch die ein Angestellter auch nach Ende des Arbeitsverhältnisses in seiner Erwerbstätigkeit beschränkt werden kann, ist nur zulässig, wenn der Angestellte nicht minderjährig ist, die geschäftszweigbezogene Beschränkung nicht länger als ein Jahr andauert und diese keine unbillige Fortkommenserschwerung darstellt.

 

Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen

Bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ist neben der einvernehmlichen Auflösung insbesondere zwischen einer Kündigung und einer Entlassung bzw. einem vorzeitigen Austritt zu unterscheiden. Eine Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, welche auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtet ist. Das einseitige Aussprechen eines Teiles und die Kenntnisnahme des anderen Teiles ist sohin bereits ausreichend und einseitig nicht widerrufbar. Für eine Kündigung bedarf es keiner Begründung. Im Falle einer Kündigung sind ganz bestimmte Kündigungsfristen einzuhalten, die sich grundsätzlich nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses richten, andernfalls das durch die verfrühte Dienstbeendigung entgangene Entgelt als „Kündigungsentschädigung“ geltend gemacht werden kann.

Eine Entlassung hat ohne Fristsetzung zu erfolgen, jedoch sind konkrete Gründe („Entlassungsgründe“) zu nennen. Vorausgesetzt wird hiebei, dass infolge des Verhaltens des Arbeitnehmers eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum nächsten Kündigungstermin oder bis zum Vertragsablauf nicht mehr zumutbar ist. Der Arbeitgeber ist im Falle der Vernachlässigung von Dienstpflichten in der Regel verpflichtet, vor dem Ausspruch der Entlassung den Arbeitnehmer zu ermahnen (auf diese Vernachlässigung hinzuweisen) und wiederholt zur Erfüllung seiner Dienstpflichten – in einer dem Ernst der Lage gemäßen Weise – aufzufordern. Die Entlassung selbst muss dabei nicht angedroht werden. Nach Bekanntwerden eines (sonstigen) Entlassungsgrundes hat der Arbeitgeber die Entlassung unverzüglich auszusprechen. Unterlässt der Arbeitgeber die unverzügliche Geltendmachung des Entlassungsrechts, kann dies zum Untergang dieses Rechts durch Verzicht oder Verwirkung führen.

Auf Seiten des Arbeitnehmers endet grundsätzlich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch die Treuepflicht. Eine Nachwirkende Treue- und Fürsorgepflicht besteht jedoch dahingehend, dass beide Vertragsteile dafür Sorge zu tragen haben, dass dem anderen Vertragsteil für die Zeit nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses keine Nachteile entstehen. So hat der Arbeitgeber alles – sofern dies billigerweise von ihm verlangt werden kann – zu vermeiden, was dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz nachteilig sein kann.

 

Conclusio

Auf Ärzte, die auch Arbeitgeber sind, kommen somit einige zu beachtende Punkte zu. Die zu führenden Arbeitszeitaufzeichnungen sind dabei noch die leichteste Übung. Bei schwerwiegenderen Entscheidungen, wie der Einführung einer Gleitzeitvereinbarung, der Installation von Überwachungskameras und Schritten zur Arbeitsvertragsbeendigung empfiehlt es sich, im Vorfeld die nötigen Informationen einzuholen, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden.

 

Hinweis:

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

 

Fotos: Adobe Stock, beigestellt

Grazer Straße 50a1
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