AERZTE Steiermark 06/2023
Ohne Blabla …
Gemeinsam mit dem Philosophen und Theologen Clemens Sedmak hat Elisabethinen-Geschäftsführer Christian Lagger ein Buch über „Leadership“ geschrieben, „Ohne Blabla“, wie im Titel versichert wird.
Martin Novak
Es geht um Führung, Organisation und Gespräch. „… ohne Selbstführung kann eine Führungspersönlichkeit auf Dauer nicht erfolgreich sein“, heißt es bereits auf Seite 9. Ein Schlüsselfrage aus Sicht Laggers in diesem Bereich lautet: „Wie nehme ich andere Menschen wahr und wie nehmen diese Menschen mich wahr?“ Führung erfordert also Selbsterkenntnis, ist eine Kernbotschaft. Und sie ist Begleitung nur auf Augenhöhe.
Dass in einem von christlichen Autoren verfassten „Leadership“-Buch auch der christliche Philosoph Søren Kierkegaard zu Wort kommt, ist verständlich: „Ich kann nur beim Gehen nachdenken. Bleibe ich stehen, tun dies auch meine Gedanken; mein Kopf bewegt sich im Einklang mit meinen Beinen. Ich bin zu meinen besten Gedanken gegangen und ich kenne keinen Gedanken, der so bedrückend wäre, dass man ihn nicht gehend hinter sich lassen könnte.“
Aber das ist nur eine Randnotiz. Viel schwerer wiegt Laggers Satz Herkunft ist Zukunft.
Nur wer weiß, woher er kommt, kann ein Ziel klar umreißen.
Im zweiten Teil des Buches wird die „Organisation“ behandelt. Sie sei der Rahmen. „Ich erachte die Qualität dieses Rahmens nicht nur für den Einzelnen und die Einzelne für bedeutsam, sondern halte sie für das gute Zusammenleben in einer Gesellschaft als Ganzes für hoch relevant“, meint Christian Lagger. Sedmak, der kein Spitalsmanager ist, beschreibt dennoch die Anforderungen an das System Krankenhaus: „… mir gefällt der Begriff „happy hospital“. Dahinter stehe „die Idee, dass sich die handelnden Personen in einem Krankenhaus wohlfühlen, dass hier mit ‚Wohl-Wollen‛ und Kompetenz gehandelt und jene Präsenz gezeigt wird, die die Zeit in einem Krankenhaus auch als gelebtes Heute erleben lässt – nicht nur als beschwerlichen Übergang.“ Laggers Antwort: „Auch Ordenseinrichtungen sind darin gefordert, nicht zu demütigen, sondern würdestärkende Organisationen zu sein.“
Das Gespräch beginnt mit dem Zuhören
Der dritte und letzte Teil widmet sich dem Gespräch. Das beginne mit dem Zuhören, sind sich Lagger und Sedmak einig. Lagger zitiert hier einen alten Landarzt: „Zuhören immer, helfen oft, heilen fast nie.“
Die (Gesundheits-)Politik wird mit weniger freundlichen Worten bedacht: „Wenn Politikerinnen und Politiker sich öffentlich diskreditieren und beschimpfen, ist dies in einer so schwerwiegenden Krise, wie es die Corona-Pandemie war, kein konstruktiver Beitrag zu einer zu deren Bewältigung nötigen Debattenkultur.“ Die aus ihrer Sicht richtige Alternative zeigen Lagger und Sedmak aber auch auf: „Der besonnene Mensch aber widersteht individuellen und kollektiven Absolutheiten und wird stets den Dialog suchen.“
Die Form folgt dem Inhalt
Das gesamte Buch ist als Briefwechsel zwischen den beiden Autoren angelegt. Damit greift die Form den Inhalt auf. Denn in dem Buch wird der Dialog hochgehalten: Briefe sind eine Form des Dialogs, durch die man sein Gegenüber besser kennenlernen kann. „Wenn man die Briefe darüber hinaus zu einer bestimmten Thematik verfasst, können Briefe auch dazu dienen, mehr über eine Sache zu erfahren“, schreiben die beiden Verfasser bereits im Vorwort.
Die Form des Briefwechsels macht das im Molden-Verlag erschienene 200-Seiten-Werk auch sehr gut lesbar und hebt es von der üblichen Management-Literatur deutlich ab. Dass es zudem sehr aktuell ist – die Corona-Pandemie ist ohnehin einflochten, aber auch der Ukraine-Krieg –, erhöht die Lesbarkeit zusätzlich. Fazit: Das im März 2023 erschienene Buch ist zwar nicht einfach, aber es ist einfach zu rezipieren. Als „Gebrauchsanweisung für sinnerfülltes Arbeiten“ wird das Werk beworben. Diesem Anspruch tut es Genüge.
Christian Lagger, Clemens Sedmak: Leadership ohne Blabla – Zuhören – Wahrnehmen – Entscheiden. Molden 2023. Als gebundene Ausgabe (EUR 26,--) oder als E-Book (EUR 20,99)
Foto: Schiffer