AERZTE Steiermark 02/2023
„Klar, ich komme sicher zum Termin“
Termine in Ordinationen sind heiß begehrt. Umso unverzeihlicher ist es, diese im Fall des Falles nicht rechtzeitig abzusagen. Studien belegen, dass die Ausfälle durch Terminerinnerung um bis zu 50 Prozent reduziert werden können.
Walter Hoch
Versäumte, nicht abgesagte Arzttermine beeinträchtigen das Procedere in der Ordination und die Gesundheit der Patient:innen – und das gar nicht selten: „Die Daten zur Nichtteilnahme variieren, Studien aus der ganzen Welt berichten jedoch übereinstimmend von Nichtteilnahmeraten zwischen 15 % und 30 % in ambulanten Gesundheitskliniken. In England werden jedes Jahr mehr als 12 Millionen Termine in von Fachärzten geleiteten Kliniken und eine ähnliche Anzahl von Terminen in Allgemeinpraxen verpasst“, berichtet https://www.tandfonline.com/doi/full/10.2147/PPA.S93046. Damit es aber gar nicht zu einer „No-show“ bzw. einer Leerzeit kommt, steht ein Spektrum von Vorsorge-Hebeln zur Verfügung.
Gekonntes Changieren bei der Terminplanung
So kann der behandelnde Arzt/die behandelnde Ärztin zum Abschluss einer Untersuchung den/die Patient:in darauf hinweisen, wie wichtig und unentbehrlich der Folgetermin für die Heilung ist. Die Ordinationsassistenz verstärkt die Absprache, wenn sie auf Augenhöhe mit Patient:innen, die bereits in Behandlung sind, einen passenden Termin bzw. einen Folgetermin sucht. In jedem Fall wirkt ein Kärtchen mit Datum und Uhrzeit des nächsten Termins verbindlicher als das gesprochene Wort allein. Die Patient:innen selbst halten die Termine umso genauer ein, je öfter sie die Erfahrung gemacht haben, dass sie durch das Bestellsystem kaum mehr „herumsitzen“ und warten müssen, sondern zügig drankommen. Von der ärztlichen Seite her kann die Termingenauigkeit durch zwei Faktoren erhöht werden: Kalkulation von Zeitbedarf und Dringlichkeit. Nicht alle Behandlungen lassen sich in dasselbe zeitliche Korsett zwängen, Kurzbesuchen unter zehn Minuten stehen längere Interventionen gegenüber, wie sie viele diagnostische Leistungen verlangen. Statt wenigen Minuten sollten dafür Slots von 20 bis 30 Minuten eingeplant werden. Eine gut eingearbeitete Ordinationskraft kann das entsprechend berücksichtigen und den nächsten Termin daher später ansetzen, damit darauffolgende Patient:innen nicht lange warten müssen. Auch gewisse Pufferzeiten sollten eingeplant werden, denn es kommen trotz Anmeldungspflicht doch auch Notfälle vor. Pufferzeiten verschaffen dem Arzt/der Ärztin bei hohem Stress nicht nur Luft, sondern sie erleichtern eben auch das Einschieben von Reserveterminen. Besonders an Montagen oder Tagen nach verlängerten Wochenenden besteht erhöhter Bedarf nach diesen. Dabei gilt es abzuschätzen, ob ein/e Patient:in tatsächlich nach fünf Minuten fertig ist und sich nicht als „schwerer Fall“ entpuppt.
Rhetorische Bekräftigung
Für Arzt/Ärztin und Ordinationsassistenz bieten sich noch einige rhetorische Kniffe an, um Termine bei Patient:innen zu verankern: z. B. zwei bis drei Fragen, auf die die Patient:innen mit „ja“ oder „nein“ antworten können. Etwa: „Wir sehen uns dann am Montag nächster Woche, um die Befunde zu besprechen?“ „Ja.“ „Falls Ihnen doch etwas dazwischenkommt, wären Sie dann so lieb, rechtzeitig Bescheid zu geben?“ „Ja.“ Durch die mehrfache Zusage fühlt man sich stärker an die Absprache gebunden. Oder man lässt den Patienten selbst einen Termin vorschlagen und sieht im Praxis-Kalender nach, ob dieser noch frei ist. Der Patient bedenkt dann eher, ob er zum angegebenen Zeitpunkt wirklich kommen kann. Sagt er dann dennoch rechtzeitig ab, steht es der Ordinationsassistenz nicht schlecht an, ihn zu loben und gleich einen neuen Termin zu fixieren.
Terminerinnerung per SMS
Vielfach werden heute mindestens einen Tag vor dem Termin SMS an die Patient:innen versandt. Zumeist gibt diese unter dem Titel Terminerinnerung Wochentag, Datum und Uhrzeit an. Dazu noch den Namen des Arztes und die Adresse, eventuell ergänzt um Maßnahmen, wie FFP2-Maske oder Nüchternheit. Soll die Terminerinnerung persönlich und sehr freundlich wirken, empfiehlt sich eine persönliche Anrede.
In technischer Hinsicht sind Ärzt:innen im Vorteil, bei denen die Ordinationssoftware bereits ein Modul zur Terminversendung eingebaut hat. Wenn nicht, können Terminerinnerungen vom Arzt bzw. dessen IT-Assistenten selbst in der Ordinationssoftware automatisiert werden, was allerdings mit einem gewissen Aufwand verbunden ist. Oder es wird eine Firma bzw. ein Dienst beauftragt, die besagte Business-Messaging-Lösungen gegen Bezahlung anbietet und durchführt. Über deren Schnittstellen können SMS-Terminerinnerungen direkt aus der Software der Ordination heraus versendet werden. In jedem Fall, also auch in ersterem, ist für die Versendung der SMS eine gewisse Gebühr beim SMS-Versendungsdienst zu bezahlen. Derzeit beginnen die Tarife bei rund einem Cent pro SMS, abhängig von der Stückzahl. Günstiger wäre die Versendung der Termin-Erinnerung durch E-Mail, die bei beschränkter Anzahl ja kostenlos ist. Doch erstens können viel mehr Patienten ein SMS empfangen als ein E-Mail, und zweitens spricht ein SMS den Empfänger auch direkter an als ein E-Mail. Die Mühe eines persönlichen Anrufs beim Patienten wird hingegen sehr selten auf sich genommen, auch wenn dabei neben der Terminerinnerung noch etwaige administrative Dinge besprochen werden können.
Pönale verstärkt gutgeheißen
Schließlich bleibt als letzte Konsequenz, Ausfalls-Termine zu reduzieren, ein Ausfallshonorar einzuführen, auf das allerdings deutlich hinzuweisen ist (etwa via Plakat, Website, im Rahmen der Terminvereinbarung). Entscheidend für eine Forderung nach Ausfallhonorar ist auch der Beweis, „dass in dieser Zeit keine anderen Patienten behandelt werden können bzw. keine sonstigen Angelegenheiten – z. B. Krankengeschichten fertigstellen, Gutachten, …– verrichtet werden können“ (https://www.aekwien.at/documents/263869/276959/Ausfallshonorar). Bereits in einem Schreiben an die ÖGK und die Politik vom August 2021 stellte Dietmar Bayer, damals geschäftsführender Vizepräsident der Ärztekammer Steiermark, klar, eine Nicht-Absage sei „äußerst unfair gegenüber anderen Patientinnen und Patienten, die keinen Termin bekommen können, weil er durch Menschen blockiert wird, die sich den Luxus leisten, ohne Absage einen Termin nicht einzuhalten“.
Bei einer Absage gilt zwar die Devise „Je früher, desto besser“, doch wird eine Frist bis 24 Stunden vor dem Termin im Allgemeinen ohne Kosten akzeptiert. Die Toleranz, Ausfallstermine länger gleichsam als Kavaliersdelikte hinzunehmen, ist jedenfalls stark im Schwinden, wie die Frage des Monats auf S. 5 und jüngst eine Patienten-Umfrage der ‚Antenne Steiermark‘ bestätigen.
Fotos: Schiffer, Adobe Stock