AERZTE Steiermark 02/2023
„Ich verspreche, alles zu tun …“
Johannes Koinig ist Arzt. „Mit Leib und Seele“, wie er sagt. Die Arbeit an der medizinischen Versorgung auf übergeordneter Ebene hält er für wichtig.
Der Vorstandsvorsitzende der KAGes ist ein renommierter Arzt. Warum braucht die KAGes noch einen Direktor für Medizin ?
Koinig: Grundsätzlich wissen wir alle, dass die KAGes aktuell jede Ärztin und jeden Arzt gut brauchen kann. Das gilt nicht nur in der direkten Patientinnen- und Patientenbetreuung, sondern auch an allen anderen Stellen, wo medizinisches Know-how gefragt ist. Und auch dort sind die großen Herausforderungen natürlich besser im Teamwork zu bewältigen.
Was ist Ihre Job-Beschreibung?
Koinig: In meiner umfassenden Stellenbeschreibung als Direktor für Medizin im Bereich Management und Services der KAGes liegt die Zielsetzung in der Koordination und Unterstützung der medizinischen Entwicklung im Bereich Strategie, Versorgungsplanung, Innovation sowie Qualitäts- und Risikomanagement. Fokus der Aufgaben ist immer die Sicherstellung der medizinischen Versorgung unserer Patientinnen und Patienten.
Viele Ärztinnen und Ärzte fühlen sich überlastet. Was sagen Sie denen?
Koinig: Ich verspreche Ihnen jedenfalls, dass ich mein Bestes gebe, um alles zu tun, um sie in ihrer Arbeit zu unterstützen. Das heißt, Rahmenbedingungen und Arbeitsbedingungen zu schaffen und zu erhalten, die die bestmögliche Patientinnen- und Patientenversorgung in der KAGes möglich machen.
Es fehlen Ärztinnen und Ärzte. Was wollen Sie dagegen tun?
Koinig: Hier ist die Antwort im Prinzip dieselbe wie zuvor: Alles zu tun, um die bestmöglichen Arbeitsbedingungen zu gewährleisten, dann werden Ärztinnen und Ärzte auch weiterhin gerne bei uns arbeiten bzw. zu arbeiten beginnen. Darüber hinaus gibt es derzeit unter anderem Stipendienmodelle und Förderungen für mehr Ausbildungsstellen im Bereich der Kinder- und Jugendheilkunde und der Psychiatrie.
Die Medien schreiben fast täglich vom Versorgungsmangel. Zu viel? Oder noch immer zu wenig?
Koinig: Abgesehen davon, dass sich das mit Sicherheit nicht meinem Urteil unterwirft, habe ich schon das Gefühl, dass die Journalistinnen und Journalisten auch ihren Job machen und das berichten, was sie für berichtenswert halten.
Sie sind von der Ausbildung her Arzt, haben aber die letzten Jahre in der Gesundheitsorganisation gearbeitet. Würden Sie wieder gerne einen Patienten sehen?
Koinig: Ich bin mit Leib und Seele Arzt und Mediziner, aber gemäß meinem Berufsweg eben einer, der auch die Arbeit an der medizinischen Versorgung auf übergeordneter Ebene für wichtig hält und gerne tut. Für mich war schon sehr früh klar, einen medizinischen Weg einzuschlagen. Aktuell freue ich mich auf die neue Aufgabe und den jetzt schon bereicherten Austausch mit vielen Kolleginnen und Kollegen. Da bietet die KAGes ein unglaubliches Wissens- und Kompetenzpotenzial.
Nehmen Ihre Kolleginnen und Kollegen, die Patient:innen versorgen, Sie als Arzt wahr?
Koinig: Da müssten sie eigentlich meine Kolleginnen und Kollegen fragen. Ich nehme mich als solchen wahr. Ich habe ein Medizinstudium absolviert und eine abgeschlossene Ausbildung als Arzt für Allgemeinmedizin und folglich einen diesbezüglichen Zugang als Arzt und Mediziner. Ich denke, dass ich diese Erfahrungen und Kompetenzen auch in mein berufliches Handeln und Denken einbringe.
Sie sind einer der Ärzte, die nicht in der Versorgung arbeiten. In der KAGes sind Sie aber der Patientenversorgung näher als im Gesundheitsfonds. Fühlen Sie sich da wohler?
Koinig: Aus meiner Sicht habe ich im Gesundheitsfonds und werde ich jetzt auch in der KAGes durchaus an und in der Versorgung mitarbeiten, aber eben auf unterschiedlichen Ebenen. Und wie mein Weg zeigt, fühle ich mich in diesem Arbeitsbereich sehr wohl.
Wie wird die Gesundheitsversorgung in zehn Jahren aussehen?
Koinig: Gerade der enorme medizinische Fortschritt führt ja seit jeher zu rasanten Entwicklungen. Jetzt ist eine Zeit gekommen, in der zusätzliche gesellschaftliche Einflüsse auch auf unser System der Gesundheitsversorgung stark einwirken. Dies wird die Gesundheitsversorgung auch zukünftig verändern. Den Menschen ist qualitative Lebenszeit, vor allem im häuslichen Umfeld, immer wichtiger. Aus meiner Sicht geht der Weg daher in Richtung vermehrter digitaler Unterstützung und ambulanterer Versorgung, auch aufsuchender Versorgung. Ebenso werden Prävention und Gesundheitsförderung weiter an Bedeutung gewinnen. Eine Steuerungsintelligenz der Patientinnen- und Patientenversorgung sollte vorhanden sein – und damit muss auch die Versorgung chronischer Patientinnen und Patienten einhergehen, im Sinne eines kontinuierlichen und für den Patienten bzw. die Patientin durchgehenden Behandlungs- und Versorgungsprozesses. Es wird integrierte und abgestufte Versorgungsmodelle brauchen und geben – von ambulant bis stationär, ergänzt durch digitale Unterstützung und aufsuchende Möglichkeiten und damit werden sich dort, wo notwendig, auch neue Formen der Zusammenarbeit etablieren. Aber auch um adäquate stationäre Versorgung und das Bündeln spezifischer und spezieller Versorgungsleistungen werden wir nicht herumkommen. Alle Anpassungen und Veränderungen müssen wir uns aber begleitend sehr gut ansehen, um die hoffentlich gemeinsam definierten Versorgungsziele zu erreichen.
Andreas Huss von der ÖGK schimpft oft auf die Ärztinnen und Ärzte. Fühlen Sie sich da auch betroffen?
Koinig: Nach meinem Verständnis übt der ÖGK-Obmann Kritik an der Wirksamkeit einiger Versorgungsbereiche. Ich persönlich kenne Herrn Huss zu wenig, um seine Haltung beurteilen zu können. Grundsätzlich sind aber allgemeine Aussagen immer zu hinterfragen und greifen meist zu kurz. Möglicherweise sind die Botschaften letztlich auch ein Ringen um eine Einbeziehung ärztlicher Versorgungsressourcen und damit eine Stärkung des niedergelassenen Bereichs.
Die niedergelassenen Ärzt:innen sagen, sie könnten die Spitäler weit wirkungsvoller entlasten, wenn sie mehr Raum dazu hätten. Wie können sie diesen Raum bekommen?
Koinig: Außer Zweifel steht jedenfalls, dass auch die Kolleginnen und Kollegen im niedergelassenen Bereich unter starkem Druck stehen und es notwendig ist, die gesamte Versorgungslandschaft gemeinsam zu betrachten und zu stärken. Wir können nicht alle Probleme des Gesundheitssystems im Spital lösen. Eine Stärkung des niedergelassenen Bereichs hätte aber positive und unmittelbare Auswirkungen im Sinne der abgestuften Versorgungsnotwendigkeit.
Woran erkennen Sie ärztliche Qualität?
Koinig: Sie definiert sich jedenfalls über fachliche Kompetenz und empathische Zuwendung und lässt sich vielfach durchaus auch an den konkreten Behandlungsergebnissen bemessen.
Die Fragen stellte Martin Novak
Arzt als Manager
Bis 2006 war Johannes Koinig ärztlich und administrativ in der KAGes tätig. Dann wechselte er in den Gesundheitsfonds Steiermark und übernahm die Leitung des Arbeitsbereichs Planung, Steuerung und Qualität. Gleichzeitig war er bis zu seiner jetzigen Rückkehr in die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft im Fonds stellvertretender Geschäftsführer. Ab 2005 bis 2018 war er als Wohnsitzarzt in die Ärzteliste eingetragen. Von 2013 bis 2021 fungierte er weiters als Vorsitzender des Boards für das Ludwig Boltzmann Institut für Health Technology Assessment. 2015 übernahm er auch den Vorsitz der Qualitätssicherungskommission Steiermark.
Dazu passt seine Ausbildung: Nach seiner Promotion – noch an der Medizinischen Fakultät der Karl-Franzens-Universität – absolvierte er den Turnus an den Landeskrankenhäusern Rottenmann, Feldbach, Fürstenfeld, Hörgas, der LSF sowie mehreren Abteilungen des Universitätsklinikums-LKH Graz. 2005 wurde er Arzt für Allgemeinmedizin. Zusätzlich absolvierte Koinig die Notarztausbildung und erhielt das ÖÄK-Diplom. Er bekam weiters die Zertifikate für Telemedizin und Controlling im Krankenhaus. Zusätzlich kann er das Hernstein Management Degree ins Treffen führen.
Fotos: Christian Jungwirth, www.christianjungwirth.com